Recht auf Trinkwasser und intakte Wasser-Ökosysteme

Während weltweit der Zugang zu Trinkwasser immer noch ein drängendes Problem ist – rund 2.2 Milliarden Menschen haben keinen regelmässigen Zugang zu sauberem Trinkwasser – stellt in der Schweiz der Schutz der Wasserökosysteme die grosse Herausforderung dar. Die Schweiz hat den Schutz von Gewässern sowie der Gewässerräume gesetzlich verankert. Geschützt sind Seen, Flüsse und Bäche sowie die angrenzenden Uferbereiche die notwendig sind, damit Gewässer ihre natürliche Funktion als Lebens- und Erholungsraum, sowie den Schutz vor Hochwasser erfüllen können. Diese Räume dürfen gemäss Gesetz nur extensiv landwirtschaftlich genutzt werden, der Einsatz von Pestiziden ist verboten, und es dürfen keine neuen Bauten genehmigt werden.

In den letzten Jahren kam der Gewässerschutz in der Schweiz stark unter Druck. Es wurden Ausnahmen zugunsten der Landwirtschaft definiert, die Umsetzung des Gewässerschutzgesetzes von 2011 verzögert sich. Eine Studie des Wasserforschungsinstituts des ETH-Bereichs (EAWAG) belegt die hohe Pestizidbelastung der Schweizer Gewässer. Dünger und der hohe Tierbestand führen zu starker Belastung mit Phosphor und Stickstoff. Der forcierte Ausbau der Wasserkraft ist ein zusätzlicher Stressfaktor. Bereits heute ist kaum ein Gewässersystem frei von Beeinträchtigungen durch die Wasserkraftnutzung. Es zeichnet sich ab, dass der Biodiversitätsschutz durch mangelnde Umsetzung der Sanierungspflicht bestehender Anlagen (z.B. Wiederherstellung der Fischgängigkeit) verzögert wird.

Die Schweiz beschneidet über den Import von Nahrungsmitteln, Futtermitteln und Konsumgütern das Recht auf Wasser von Menschen in Ländern, wo Wasserstress oder sogar Wassernot herrscht. Während der Wasserverbrauch in der Schweiz pro Tag auf knapp 300 Liter gesunken ist, verbrauchen wird durch den Import von Konsumgütern täglich 4’400 Liter, wenn der Stromimport miteinberechnet wird, sogar bis zu 14’000 Liter virtuelles Wasser. Oft kennen die vom «Wasserraub» betroffenen Bevölkerungen weder den Zustand ihres Grundwassers, noch werden die Verbrauchszahlen von wassernutzenden Firmen der Getränkehersteller, Plantagenbesitzerinnen oder Minenbetreiber offengelegt. Ihre schwache Verhandlungsposition wird dadurch weiter geschwächt.

Die Schweiz verfügt über eine grosse Expertise zu Wasser-Gouvernanz in den Kantonen und Gemeinden. Sie könnte dieses Wissen und Erfahrung in öffentlich-öffentlichen Partnerschaften auf internationaler Ebene verstärkt einbringen.

Forderungen

  • Die Kantone legen für all ihre Gewässer den Gewässerraum fest und setzen das Gewässerschutzgesetz per sofort um.
  • Der Bund definiert im Rahmen des Folgeprojekts der Agrarpolitik ab 2022 die Eckwerte für eine Ökologisierung der Landwirtschaft. Er reduziert den Tierbestand und definiert einen Absenkpfad für Phosphor und Stickstoff. Sie fördert die standortangepasste, ökologische Landwirtschaft.
  • Die ökologische Sanierung der Wasserkraft wird vorangetrieben und wie gesetzlich vorgeschrieben bis 2030 umgesetzt.
  • Bund und Kantone schaffen Subventionen mit biodiversitätsschädigender Wirkung ab.
  • Bevor Freihandelsabkommen abgeschlossen werden, werden Abklärungen zu den Auswirkungen auf das Recht auf Wasser durchgeführt. Bei negativen Auswirkungen werden die Abkommen angepasst.
  • Im globalen Süden wird in Zusammenarbeit mit Wissenschaft und lokaler Zivilgesellschaft die Datenerhebung gestärkt und Monitoringsysteme zur Verfügbarkeit von Wasser aufgebaut.
  • Städte und Gemeinden gehen öffentlich-öffentliche Partnerschaften zur Stärkung des Rechts auf Wasser ein. Der Bund fördert solche in der internationalen Zusammenarbeit, um lokale öffentliche Managementsysteme für Wasser zu etablieren und den Zugang aller zu gewährleisten.
Schassmann Eva
Autor:innen

Eva Schmassmann

In Zusammenarbeit mit Karl Heuberger, HEKS, und Michael Casanova, Pro Natura

Bericht als PDF

SDG 6 (PDF)

Weiterführende Literatur

Dieses Kapitel spricht Verbindungen zu folgenden SDGs an: