Unersetzliche Arten und Ökosysteme schützen

Mehr als ein Drittel aller Tier- und Pflanzenarten in der Schweiz sind gefährdet, bei den Singvögeln sind es gar 40%. Weltweit sind ein Viertel aller Säugetierarten vom Aussterben bedroht. Die Insektenpopulationen gingen in den letzten 30 Jahren um bis zu 75% zurück. International will man den Treibern dieses Biodiversitätsverlusts mit einem umfassenden Zielkatalog entgegenwirken. Die Schweiz gehört der «Koalition der Ambitionierten» an, welche bis 2030 30% aller Land- und Meeresflächen unter Schutz stellen wollen. Heute stehen weltweit erst 15% der Land- und 7% der Meeresflächen unter Schutz. In der Schweiz lediglich 6.8%. Für den Schutz der Biodiversität sind nicht allein die Quadratmeter ausschlaggebend. Die geschützten Flächen müssen wertvoll, miteinander vernetzt, und partizipativ bewirtschaftet sein. Der Bundesrat und die Kantone wollen mit der «ökologischen Infrastruktur» ein Inventar an schützenswerten Gebieten von hoher Qualität für die Biodiversität erstellen und durch Korridore miteinander vernetzen. Für die Biodiversität müssen auch vom Menschen genutzte Flächen, z.B. für die Landwirtschaft, vermehrt biodiversitätsfördernd und extensiv bewirtschaftet werden. Staatliche Akteure wie das VBS oder die SBB als grosse Landeigentümer sind in der Pflicht, mit gutem Vorbild voranzugehen. Für einen wirksamen Biodiversitätsschutz sind mehr Ressourcen notwendig. Die Schweiz weist 37 Smaragd-Schutzgebiete aus. Das Smaragd-Netzwerk will jene Arten und Lebensräume erhalten, die in den europäischen Staaten ihren Verbreitungsschwerpunkt haben und die hier bedroht sind. Doch lediglich eines der Gebiete verfügt über einen Management-Plan. Ein solcher verankert das Schutzgebiet gesellschaftspolitisch und legt fest, welche Massnahmen zur Werterhaltung des Gebiets getroffen werden. Ökosysteme sind immer auch Lebensraum. Diese zu schützen bedingt, Menschenrechte zu schützen und die Rechte indigener Gemeinschaften zu respektieren. Dazu gehört unter anderem die gerechte Aufteilung der sich aus der Nutzung traditionellen Wissens und genetischer Ressourcen ergebenden Vorteile, wie es das «Nagoya-Protokoll über den Zugang zu genetischen Ressourcen und die ausgewogene und gerechte Aufteilung der sich aus ihrer Nutzung ergebenden Vorteile» völkerrechtlich verbindlich regelt. Als Standort wichtiger Pharmaunternehmen steht die Schweiz in der Pflicht. Der Druck auf das Ökosystem «Wald» wird global in Zukunft zunehmen. Einerseits liefert er mit Holz einen erneuerbaren Rohstoff. Andererseits kompensieren weltweit Aufforstungsprojekte unseren Ausstoss von Treibhausgasen. Doch das wahllose Pflanzen von Bäumen schafft noch keinen Wald. Aufforstungsprojekte als Klimamassnahme müssen so realisiert werden, dass sie vielfältige Lebensräume für heimische Arten schaffen und Monokulturen vermeiden.

Forderungen

  • Die Schweiz stellt bis 2030 die ökologisch wertvollsten 30% ihrer Fläche unter Schutz, und stellt Verbindungen zwischen den Gebieten sicher. Sie sorgt für deren gerechtes und wirksames Management im Einklang mit ihrem internationalen Engagement und stellt angemessene personelle und finanzielle Ressourcen bereit.
  • Die Kantone berücksichtigen den Schutz der Biodiversität bei allen raumplanerischen Tätigkeiten und erfüllen die Vorgaben durch den Bund.
  • Bund und Kantone reduzieren die biodiversitätsschädigende Wirkung ihrer Subventionen und Anreize. Wo die schädigende Wirkung nicht abgeschafft werden kann, werden die Zielkonflikte mit der Biodiversität transparent ausgewiesen sowie die externen Biodiversitätskosten verursachergerecht gedeckt.
  • Die Schweiz setzt das Nagoya-Protokoll korrekt um und setzt sich dafür ein, dass die Gewinne aus der Nutzung genetischer Ressourcen und traditionellen Wissens gerecht verteilt werden.
  • Projekte der Entwicklungszusammenarbeit verfolgen zusätzlich zu ihrem Grundauftrag der Armutsbekämpfung auch Ziele des Biodiversitätsschutzes. Dies erfolgt wo möglich integrativ, für neue Projekte werden zusätzliche Mittel bereitgestellt. Die Projekte befolgen stets einen menschenrechtsbasierten Ansatz.
  • Die Schweiz achtet darauf, dass von ihr geförderte Aufforstungsprojekte im In- und im Ausland Lebensräume für heimische Arten schaffen und sowohl zum Schutz der Biodiversität wie auch zum Klimaschutz beitragen.
Schassmann Eva
Autor:innen

Eva Schmassmann

In Zusammenarbeit mit Hasan Candan und Friedrich Wulf, Pro Natura

Bericht als PDF

SDG 15 (PDF)

Weiterführende Literatur

Dieses Kapitel spricht Verbindungen zu folgenden SDGs an: