Wie viel Energie ist nachhaltig?

Weltweit fehlt über 750 Millionen Menschen der Zugang zu einer Elektrizität. Dies beeinträchtigt ihren Zugang zu Bildung, Gesundheit und wirtschaftlicher Entwicklung. Wie wir diese Lücke schliessen – fossil oder erneuerbar – hat einen enormen Einfluss auf das Klima und die Gesundheit. Die grosse Herausforderung ist, den erneuerbaren Energien zum Durchbruch zu verhelfen und gleichzeitig die Energiearmut im globalen Süden zu bekämpfen.

Mit den Folgen des Ukrainekriegs steigen auch die Heiz- und Nebenkosten in der Schweiz und belasten tiefe und sehr tiefe Einkommen überproportional. Deren Entlastung ist jedoch eine sozialpolitische und keine energiepolitische Aufgabe. Werden fossile Energieträger pauschal staatlich subventioniert, wird die Chance verpasst, die Transformation hin zu einer nachhaltigen Energieversorgung zu beschleunigen.

Beim Ausbau der erneuerbaren Energien macht die Schweiz Fortschritte und hat die bisher in der Energiepolitik gesetzten Ziele erreicht. Doch sind diese nicht ausreichend ambitioniert formuliert und das Ausbautempo reicht bei Weitem nicht aus, um das 1,5°C-Ziel einzuhalten. Um den zusätzlichen Strombedarf durch Elektrifizierung sowie dem Ausschalten der AKWs zu kompensieren, muss insbesondere der Ausbau von Photovoltaik um den Faktor vier beschleunigt werden. Da sie auf Gebäuden und Anlagen ausgebaut werden kann, sind oft keine zusätzlichen Eingriffe in die Natur notwendig. Sie steht somit weniger in Konflikt mit Umweltschutz als Wasserkraft. Bei der Wasserkraft gilt das Potenzial hingegen als praktisch ausgeschöpft.

Solarenergie bietet auch im globalen Süden Vorteile: Sie kann dezentral errichtet werden und erfordert kein bestehendes Netz an Infrastruktur. Sie ist beliebig skalierbar und kann Energie für einen einzelnen Haushalt oder einen ganzen Wirtschaftsstandort liefern und schafft lokal Wertschöpfung und Arbeitsplätze.

Mit Zielvereinbarungen mit Industrie und Wirtschaft konnte die Schweiz erfolgreich ihre Energieeffizienz verbessern. Unklar ist, mit welchen zusätzlichen Massnahmen die ambitionierten Ziele zur Effizienzsteigerung, wie sie in der Energieperspektive 2050+ formuliert sind, erreicht werden sollen.

Die Frage der Energiesuffizienz wird für immer mehr Menschen ein wichtiger Teil ihrer Lebenseinstellung. Lokal und auf städtischer Ebene experimentieren 2’000-Watt-Gesellschaften mit energiearmen Wohn- und Lebensformen. Sie zeigen auf, dass Wohnkomfort nicht vom Energieverbrauch abhängig ist.

Der Ukrainekrieg führt uns drastisch vor Augen, wie stark unsere Energieversorgung vom Ausland abhängig ist. Drei Viertel unserer Energie wird über weite Distanzen importiert, dazu gehören alle Erdölprodukte, Erdgas sowie die Kernbrennstoffe.

Forderungen

  • Die Schweiz beschleunigt den Ausbau erneuerbarer Energie. Um die Klimaziele von Paris zu erreichen ist eine Dekarbonisierung der Energieversorgung vor 2040 notwendig.
  • Die Schweiz investiert vorrangig in die Photovoltaik, und baut diese auf bestehenden Gebäuden und Anlagen aus. Sie schafft Rahmenbedingungen, um dezentrale Energiegemeinschaften zu fördern.
  • Um seine Effizienzziele zu erreichen, setzt der Bund neben freiwilligen Massnahmen auf Regulierungen und Verbote. Er stellt eine sozialverträgliche Umsetzung sicher und ergreift sozialpolitische Massnahmen, um die Energiearmut zu verringern.
  • Der Bundesrat nimmt in Strategien und Aktionsplänen das Szenario «Energiesuffizienz» auf und geht dieses aktiv an.
  • International setzt sich die Schweiz verstärkt für einen Ausbau erneuerbarer Energie weltweit ein. In der Entwicklungszusammenarbeit nutzt die Schweiz konsequent das Potenzial der Solarenergie.
  • In der multilateralen Entwicklungszusammenarbeit setzt sich die Schweiz dafür ein, dass bei grossen Infrastrukturprojekten wie Staudämmen oder Wasserkraftwerken, die ökologische und soziale Dimension auch einbezogen werden und die Menschenrechte und die Rechte indigener Gemeinschaften geschützt werden.
Schassmann Eva
Autor:innen

Eva Schmassmann

In Zusammenarbeit mit Nils Epprecht, Schweizerische Energie-Stiftung, und Elias Kost, Solafrica

Bericht als PDF

SDG 7 (PDF)

Weiterführende Literatur

Dieses Kapitel spricht Verbindungen zu folgenden SDGs an: