Gesundheit ist mehr als die Abwesenheit von Krankheit

In der Schweiz ist das Recht auf Gesundheit im umfassenden Sinn gemäss WHO längst nicht für alle gewährleistet. Für Menschen in Armut, Migrant*innen, Menschen in Asylzentren, Sans Papiers, Sexarbeitende, Menschen mit Behinderungen u.a. bestehen Hürden oder sie sehen ihren Zugang stark erschwert. Für viele sind die selbstgetragenen Kosten zu hoch, oder es mangelt an Übersetzungsmöglichkeiten, z.B. in Gebärdensprache.

Psychische Gesundheit und Wohlergehen gehören zu einem gesunden Leben in allen Lebensphasen. Sie werden in unserem Gesundheitssystem jedoch nach wie vor vernachlässigt. In der Psychiatrie fehlt es an Fachkräften und an gemeindenahen und ambulanten Behandlungsmöglichkeiten. Für viele geflüchtete Menschen und Folteropfer fehlt der Zugang zu Behandlung und Therapien, sowie spezialisierten Dolmetschenden. Auch die psychische Gesundheit im Alter wird viel zu wenig beachtet, in Pflegeheimen mangelt es an entsprechenden Angeboten.

In der Schweiz fehlt eine umfassende Strategie zur Förderung der sexuellen Gesundheit und Rechte. Diese sind für die Selbstbestimmung zentral. Selbstbestimmung über den eigenen Körper ist eine wichtige Voraussetzung für die Partizipation im gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Leben.

Die Gesundheitsförderung kann nicht nur auf Eigenverantwortung  setzen und ans Individuum delegiert werden. Es müssen krankmachende Bedingungen wie Umwelt- und Lärmbelastungen oder Diskriminierungen eliminiert werden. Der Staat muss Rahmenbedingungen schaffen, die ein gesundes Leben fördern, sei es in der Ernährungs-, Wohn- oder Asylpolitik.

In ihrer internationalen Verantwortung steht die Schweiz dreifach in der Pflicht:

  • Der von der Schweiz verteidigte strenge Patentschutz behindert den Zugang von Milliarden von Menschen zu Heilmitteln und Impfstoffen.
  • Die Rekrutierung von ausländischem Gesundheitspersonal führt zu Brain Drain und Engpässen in anderen Ländern.
  • Durch den Export von in der Schweiz verbotenen Tabakprodukten gefährdet die Schweizer Handelspolitik die Gesundheit in anderen Ländern. Während die EU den Export von in der EU verbotenen Tabakwaren untersagt, schützt die Schweiz diese Firmen weiterhin.

Damit werden die Bemühungen der Entwicklungszusammenarbeit untergraben, Gesundheitssysteme im globalen Süden zu stärken.

Forderungen

  • Die Schweiz gewährleistet den diskriminierungsfreien Zugang zu einer qualitativ hochstehenden, bezahlbaren, barrierefreien und akzeptierten Gesundheitsversorgung inkl. psychischer und sexueller Gesundheit für alle. In ihrer internationalen Zusammenarbeit fördert sie dies in ihren Partnerländern.
  • Die Schweiz führt Kampagnen zur Förderung der psychischen Gesundheit durch, sensibilisiert und fördert die Entstigmatisierung von psychischen Erkrankungen.
  • Die Schweiz stärkt ihr Gesundheitssystem. Sie stellt ausreichend Mittel und Personal sicher und investiert in eine rechtebasierte Digitalisierung.
  • Das Bundesamt für Gesundheit verbessert die Datengrundlage zu krankmachenden Lebensumständen. Es leitet den Handlungsbedarf ab und ergreift die notwendigen Massnahmen.
  • In der WHO und der WTO setzt sich die Schweiz für den gleichberechtigten Zugang zu Heilmitteln für alle ein. Sie lockert ihren Patentschutz, um das Recht auf Gesundheit in anderen Ländern zu ermöglichen.
  • Die Schweiz setzt den WHO-Kodex zu Gesundheitspersonal korrekt um und setzt sich für die Stärkung der Verbindlichkeit des Kodexes ein.
  • Die Schweiz verbietet den Export von in der Schweiz verbotenen, gesundheitsschädlichen Produkten.
Schassmann Eva
Autor:innen

Eva Schmassmann

In Zusammenarbeit mit: Mirjam Gasser, CBM Schweiz, Martin Leschhorn, Medicus Mundi Schweiz, Corinna Bisegger, Schweizerisches Rotes Kreuz, Susanne Rohner, Sexuelle Gesundheit Schweiz, Sylvia Valentin, Terre des Hommes Schweiz

Bericht als PDF

SDG 3 (PDF)

Weiterführende Literatur

Dieses Kapitel spricht Verbindungen zu folgenden SDGs an: