Neues Beschaffungsgesetz ändert wenig

25. Sep 2023 | Gastbeitrag, Institutionen

«Wir arbeiten daran. In zwei bis drei Jahren sieht das Ganze sicher anders aus, aber ein Glanzresultat ist es nicht.» Die Rückmeldung der Gemeinde Oberglatt zu ihren Resultaten fasst die Ergebnisse des 5. Gemeinderatings von Solidar Suisse treffend zusammen. Nach wie vor könnten und sollten die allermeisten Schweizer Gemeinden und Städte viel mehr tun in Bezug auf nachhaltige Beschaffung. Und doch gibt es auch positive Anzeichen, die hoffnungsvoll stimmen.

Drei Jahre nach dem letzten Gemeinderating und zwei Jahre nach dem Inkrafttreten des revidierten Gesetzes zur öffentlichen Beschaffung überprüfte Solidar Suisse im Frühjahr 2023 erneut den Stand der nachhaltigen Beschaffung in Schweizer Gemeinden und Städten. Mit Einkäufen in der Höhe von 41 Milliarden Franken verfügt die öffentliche Hand über eine erhebliche Marktmacht und trägt somit auch eine besondere Verantwortung. Ein Teil der eingekauften Güter stammt dabei aus dem Ausland und nicht selten aus risikobehafteten Branchen. Mit dem Rating verfolgt Solidar Suisse das Ziel, Gemeinden zu sensibilisieren und zu motivieren, ihre Beschaffungspraxis zu verbessern.

Von den 97 teilnehmenden Gemeinden (etwas mehr als in den vergangenen Jahren) verfügen weniger als die Hälfte über verbindliche, allgemeine Regelungen zu nachhaltiger Beschaffung. Das Verbesserungspotenzial ist noch sehr gross und es bleibt viel zu tun.

Die neue Gesetzesgrundlage hat sich nicht als Sprungbrett für die Aufnahme nachhaltiger Kriterien in die Beschaffungsrichtlinien erwiesen. Trotzdem bleibt festzuhalten: Die erfreuliche Tendenz, dass immer mehr Gemeinden soziale und ökologische Kriterien berücksichtigen, setzt sich fort. Der Anteil von Gemeinden mit verbindlich nachhaltigen Richtlinien steigt kontinuierlich an und neu haben über die Hälfte der partizipierenden Gemeinden wenigstens in einem Produktbereich Empfehlungen oder Richtlinien mit nachhaltigen Kriterien. Hoffnungsvoll stimmt auch der Umstand, dass fast die Hälfte der Gemeinden in den nächsten ein bis zwei Jahren Veränderungen in ihrer Beschaffungspraxis erwartet, bzw. ihre Richtlinien am Überarbeiten sind.

Westschweizer Gemeinden sind spendenfreudiger

Gemeinden in der Westschweiz spenden tendenziell höhere Beiträge für Projekte in der Internationalen Zusammenarbeit oder humanitären Hilfe. Bemerkenswert hier sind die Gemeinden aus Genf, die mindestens 0,5 Prozent ihrer Steuereinnahmen in Projekte der IZA oder humanitären Hilfe investieren.

Grosse Städte dominieren die Rangliste

In der Romandie haben mehr Gemeinden am Rating teilgenommen als in der Deutschschweiz. Allerdings schnitten Deutschschweizer Gemeinden im Durchschnitt besser ab. Dies ist aber eher auf die Grösse als die Lokalität der Gemeinde zurückzuführen. Denn die grossen Städte führen die Rangliste an, allen voran Zürich und Lausanne. Von den zehn bestplatzierten Gemeinden haben die Hälfte über 100‘000 Einwohner*innen. Auch Gemeinden im Einzugsgebiet grosser Städte, wie z.B. Worb oder Carouge schneiden tendenziell besser ab als kleine ländliche Gemeinden, die über ein kleines Einkaufsvolumen verfügen. Gemeinden im Umkreis grösserer Städte profitieren u.a. von deren Know-how, können sich an ihnen orientieren und erhalten auf Wunsch zum Teil auch konkrete Unterstützung. Die Tatsache, dass dieses Jahr auch viele kleinere Gemeinden mitgemacht haben, die noch keine Beschaffungsstrategie haben, deutet daraufhin, dass das Thema an Relevanz gewinnt.

Portrait von Patrik Berlinger
Susanne Rudolf

Kampagnen Solidar Suisse

Links:

Hier können Sie das Gemeinderating 2023 von Solidar Suisse herunterladen. 

 

 

Tags

, ,