Halbzeit Agenda 2030: Wie beschleunigen wir die Transformation?

19. Sep 2023 | Aktualität, Institutionen, Politikkohärenz

Am 18./19. September 2023 findet der SDG-Gipfel der UNO-Generalversammlung in New York statt. Er markiert die offizielle Halbzeit in der Umsetzung der Agenda 2030 und ihren Zielen für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDGs). Die Plattform Agenda 2030 hat am 13. September gemeinsam mit sieben parlamentarischen Gruppen* Parlament, Verwaltung, Wissenschaft, Wirtschaft und Zivilgesellschaft eingeladen, um einerseits Bilanz zu ziehen: wo stehen wir? Andererseits wollten wir mit den anwesenden Akteur:innen Handlungsspielräume ausloten und konkrete Vorschläge formulieren, um die Transformation in der zweiten Halbzeit zu beschleunigen.

Sabin Bieri, Direktorin des Centre for Development and Environment (CDE) an der Universität Bern zeichnete zu Beginn ein düsteres Bild: Der soeben veröffentlichte Global Sustainable Development Report 2023 aus der Wissenschaft stellt Rückschritte bei vielen SDGs fest. Dies bestätigt auch der Umsetzungsbericht des UNO-Generalsekretärs Guterres: Lediglich 12% sind «on track». 30% der Indikatoren weisen keine Fortschritte auf, oder registrieren sogar Rückschritte.

Markus Reubi, Delegierter des Bundesrats für die Agenda 2030 im Aussendepartement, sieht dem SDG Summit trotzdem optimistisch entgegen. Wichtige Themen wie die Finanzierung der SDGs stehen auf der Agenda. Die Schweiz wird mit Bundespräsident Berset vertreten sein und den Dialog zu Technologie und Innovation moderieren.

Eva Schmassmann, Geschäftsführerin der Plattform Agenda 2030 verweist auf das Potenzial für soziale Innovation in der Zivilgesellschaft. Nachhaltige Entwicklung kann nicht allein durch technologische Innovation erreicht werden, sondern erfordert Veränderungen in der Art, wie wir beispielsweise Konsum und Produktion organisieren, auf individueller wie auch auf wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Ebene.

Christophe Barman, Co-Präsident des Gewerbevereins stellt fest, dass die Wirtschaft vielfältig ist und aus nicht-nachhaltig wirtschaftenden und nachhaltig wirtschaftenden Akteur:innen besteht. Hier gelte es den politischen Rahmen so zu setzen, dass die nachhaltig wirtschaftenden Betriebe gestärkt werden, und die nicht-nachhaltigen vom Markt verschwinden, ohne Menschen zurückzulassen. Aktuell sind die Spiesse nicht gleich lang: Greenwashing erschwert einen informierten Kaufentscheid für nachhaltige Produkte.

Für die Diskussion ergänzen Claudia Friedl, SP-Nationalrätin aus Sankt Gallen, Marc Jost, Nationalrat der Berner EVP und Delphine Python, grüne Nationalrätin aus dem Waadtland das Panel. Es werden verschiedene Ansätze für die Beschleunigung der Transformation vorgeschlagen:

  • Transformation ist ein Wandel, dieser muss gestaltet, nicht nur verwaltet werden.
  • Es braucht Transparenz und solide Information, um nachhaltige Produktion als solches kenntlich zu machen. Dazu braucht es einen neuen gesetzlichen Rahmen, der für alle Unternehmen, die sich der Nachhaltigkeit verschreiben, Klarheit schafft.
  • Die Schweiz muss ihre internationalen Spill-over Effekte angehen. Sie darf den Spielraum von anderen Ländern zur Erreichung der SDGs nicht einschränken.
  • Es braucht zusätzliche Mittel für öffentliche Investitionen, um die Nachhaltigkeitsziele zu erreichen. Über Erbschaftssteuer oder eine Übergewinnsteuer lassen sich zusätzliche öffentliche Mittel mobilisieren. Diese sind zudem wirksame Instrumente gegen Ungleichheit.
  • Private Mittel müssen stärker in Projekte fliessen, die nachhaltig sind. Lediglich 1-2% der privaten Finanzflüsse sind nötig, um den SDG financing gap zu überbrücken.
  • Anstatt die Debatte zu Kreislaufwirtschaft zu vertagen, sollte die Teilrevision des Umweltschutzgesetzes rasch angegangen werden.
  • Der Bund kann als gutes Beispiel vorangehen und mit seiner öffentlichen Beschaffung eine Vorbildrolle einnehmen. In seiner Klimastrategie setzt sich der Bund das Ziel, in der Verwaltung bis 2040 das netto-Null-Ziel zu erreichen.

Die Halbzeit der Agenda 2030 fällt mit dem Ende einer Legislaturperiode des nationalen Parlaments zusammen. Die Transformation kann beschleunigt werden, wenn das neue Parlament sich für die notwendige Kohärenz für Nachhaltigkeit verpflichtet und die Umsetzung der SDGs in den Legislaturzielen festschreibt.

* Der Anlass wurde gemeinsam organisiert von folgenden parlamentarischen Gruppen:

  • Internationale Zusammenarbeit
  • Sexuelle Gesundheit und Rechte
  • Nachhaltigkeitsziele 2030 (SDG’s)
  • Klima
  • Globale Gesundheit
  • Friedensförderung
  • Biodiversität und Artenschutz

Die Fotos wurden zur Verfügung gestellt von: SDSN Schweiz

Schassmann Eva
Eva Schmassmann

Plattform Agenda 2030

Tags

, ,