Kreislaufwirtschaft fördern leistet Beitrag an nachhaltige Entwicklung

15. Feb 2022 | Stellungnahme, Institutionen

Kreislaufwirtschaft wird oft als ein wichtiger Hebel genannt, um die Wirtschaft nachhaltiger zu gestalten. Im November 2021 hat die Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Nationalrates einen Vorschlag in die Vernehmlassung geschickt, um die Kreislaufwirtschaft im Rahmen einer Teilrevision des Umweltschutzgesetzes zu stärken. Die Plattform Agenda 2030 beteiligte sich an der Vernehmlassung.

Unser aktuelles Wirtschaftssystem basiert auf einer linearen Nutzung von Rohstoffen: diese werden gefördert, verarbeitet, genutzt, entsorgt. Am Lebensende landen sie auf dem Müll. Kreislaufwirtschaft hat den Anspruch, die Rohstoffe am Ende eines Lebenszyklus wieder einem neuen Kreislauf zuzuführen. Je weniger Energie benötigt wird, um ein Produkt wieder aufzubereiten, desto besser. Zweitnutzungen oder Secondhand, wo keine Eingriffe nötig sind, werden gegenüber Recycling-Prozessen priorisiert. Produkte werden so gestaltet, dass sie ohne Abfall zu generieren in eine Zweitnutzung oder ein neues Produkt überführt werden können.

Um Ressourcen zu schonen und Energie zu sparen gilt es, neben der Zirkularität der Materialien auch die Verweildauer im Kreislauf zu betrachten. Produkte, die repariert werden können, werden länger nutzbar. Aus Sicht einer nachhaltigen Entwicklung ist der Ressourcenverbrauch insgesamt zu reduzieren. Es geht also darum, Kreisläufe zu schliessen, diese zu verlangsamen, und die Gesamtmenge an Produkten im Kreislauf zu reduzieren.

Insgesamt bewerten wir die Teilrevision des Umweltschutzgesetzes als vorsichtigen, aber wichtigen Schritt hin zu einer nachhaltigen Schweiz:

  • Sie nimmt die gesamte Lebensdauer und Produktionszyklus von Konsumgütern in den Blick.
  • Sie sieht die Schweiz als Teil von globalen Wertschöpfungsketten und will auch die Auswirkungen im Ausland berücksichtigen.
  • Sie enthält ein breites Massnahmenset an dem Bund zur Verfügung stehenden Instrumenten, z.B. sensibilisieren, Anreize setzen, regulieren, oder die Vorbildfunktion des Bundes nutzen.

Allerdings sind die Ambitionen vorsichtig formuliert und wenig hoch gesetzt. Die Teilrevision beschränkt sich vielfach darauf, die Kompetenz zu weiteren Regulierungen zu schaffen, ohne selber regulierende Massnahmen zu setzen. Somit bleibt vieles im Vagen. Die Teilrevision fokussiert stark auf eine Zirkularität auf Material- und Produktebene und spricht insbesondere Wirtschaftsakteure an. In unserer Vernehmlassungsantwort schlagen wir Ergänzungen vor, um die Kreisläufe zu verlangsamen, und das Potenzial für Innovation aus der Zivilgesellschaft anzuerkennen.

Kreislaufwirtschaft und die Agenda 2030

Die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung enthält kein spezifisches Ziel zu Kreislaufwirtschaft. Das Konzept der Kreislaufwirtschaft bietet jedoch ein grosses Potential, die Ziele für nachhaltige Entwicklung zu erreichen. Ein zirkuläres Modell, das die abgebauten Rohstoffe im Kreislauf hält und sorgsam mit Ressourcen umgeht, den Abfall aus dem Designprozess eliminiert und natürliche Systeme regeneriert, leistet direkt oder indirekt einen positiven Beitrag an zahlreiche SDGs. Eine Untersuchung von Schröder und Anggraeni[1] zeigt auf, dass Kreislaufwirtschaft direkt oder indirekt die Erreichung folgender SDGs fördert:

  • SDG 6 „Sauberes Wasser und sanitäre Einrichtungen“
  • SDG 7 „bezahlbare und saubere Energie“
  • SDG 8 „Arbeit in Würde und nachhaltiges Wirtschaftswachstum“
  • SDG 12 „Nachhaltiger Konsum und nachhaltige Produktion“
  • SDG 15 „Ökosysteme an Land“
  • SDG 1 „Keine Armut“
  • SDG 2 „nachhaltige Landwirtschaft“
  • SDG 14 „Ökosysteme der Meere“

Ausserdem tragen Fortschritte in folgenden SDGs dazu bei, dass Kreislaufwirtschaft gefördert wird:

  • SDG 4 „hochwertige Bildung“
  • SDG 9 „Industrie, Innovation und Infrastruktur“
  • SDG 13 „Massnahmen gegen den Klimawandel“
  • SDG 11 „nachhaltige Städte und Gemeinden“
  • SDG 16 „Frieden, Gerechtigkeit und inklusive Institutionen“

Aktuelle Debatten zur Kreislaufwirtschaft gehen Fragen der Gerechtigkeit, der Arbeitsbedingungen und der Ungleichheit erst ungenügend an. Diese sind für eine nachhaltige Entwicklung zentral. Beispielhaft erwähnen wir hier die Gesundheitsrisiken von meist im informellen Sektor aktiven Arbeiter:innen im Recycling im globalen Süden. Auch gilt es zu berücksichtigen, dass Technologien nie gender-neutral sind. So gehören Analysen aus Genderperspektive dazu, um nicht bestehende Ungleichheiten durch Einführen von neuen Technologien zu verstärken und festzuschreiben. Insgesamt hat Kreislaufwirtschaft dann das grösste Potenzial, nachhaltige Entwicklung voranzubringen, wenn sie Ungleichheiten reduziert und sich in eine grundlegende Transformation unseres Wirtschaftssystem einfügt.

 

[1] Patrick Schröder, Kartika Anggraeni: The Relevance of Circular Economy Practices to the SDGs. In: Journal of Industrial Ecology 23(9). February 2018

Schassmann Eva
Eva Schmassmann

Plattform Agenda 2030

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