Agenda 2030: Kantone der lateinischen Schweiz schreiten voran

13. Nov 2020 | Aktualität, Institutionen

Mehrere Kantone erarbeiten ihre Agenda 2030 gemäss ihren eigenen Modalitäten. Genf hat schon vor drei Jahren ein Konzept zur nachhaltigen Entwicklung veröffentlicht, das über einen Aktionsplan 2019-2030 umgesetzt wird. Freiburg hat dieses Jahr eine Strategie 2030 in die Vernehmlassung geschickt. Die Waadt setzt auf einen partizipativen Prozess, der alle kantonal-öffentlichen Dienstleistungserbringer an einen Tisch bringt. Erste Resultate werden diesen Winter erwartet.

Die Waadt hat die Agenda 2030 zum Herzstück seines Legislaturprogramms erklärt und ein eigenständiges Kapitel den globalen Nachhaltigkeitszielen der Agenda 2030 gewidmet, welche die Schweiz und die Vereinten Nationen verpflichten. Zu dem Zweck wurde ein interdepartementales Komitee ins Leben gerufen, das die engen Mitarbeitenden der verschiedenen Departementsvorsteher*innen vereinigt.  Unter der Koordination des Büros für Nachhaltigkeit identifizieren die Generaldirektionen und die Dienststellen des Kantons die notwendigen Massnahmen und Aufgaben, um das kulturelle und natürliche Erbe des Kantons zu erhalten und das Wachstum so zu steuern, dass auch künftige Generationen davon zehren können. Denn auch die Spezialist*innen für Infektionskrankheiten am CHUV warnen heute, dass Epidemien und Pandemien zunehmen werden unter der Doppellast von Klimaerwärmung und Verlust der Artenvielfalt.

Chancengleichheit, Klima und Biodiversität

Die angedachte waadtländische Agenda 2030 kann sich nicht damit begnügen, schon in Kraft getretene Massnahmen aufzulisten. Die Herausforderung wird sein, den Orientierungsrahmen für die nächsten 10 Jahre zu stecken, ohne dabei die Ressourcen zu verschwenden und ohne jemanden zurückzulassen (leave no one behind). Insbesondere auch die Modalitäten und die Kosten der Umsetzung werden deshalb scharf beobachtet werden. Um SDG 13 (Klimaschutz) zu erreichen, setzt die erste Auflage des Klimaplans des Kantons Waadt 173 Millionen CHF in Investitionen frei, wovon 34 Millionen CHF im Jahr 2021. Was gilt aber für das SDG 10, die Ungleichheiten zu verringern oder SDG 15, die Artenvielfalt zu erhalten? Solche Ziele können nur dann erreicht werden, wenn der Bund mit den Kantonen zusammenspannt. Zusätzliche Bundesgelder sind beispielsweise nötig, um nachhaltige Entwicklungsprojekte im globalen Süden zu verwirklichen, wie dies die FEDEVECO und deren fünfzig Mitgliederorganisationen in Zusammenarbeit mit dem Kanton Waadt schon heute tun.

Mit den Kantonen Fribourg, Wallis und Genf haben bereits weitere Kantone der lateinischen Schweiz ihre eigene Strategie oder ihr eigenes Konzept der nachhaltigen Entwicklung ausgearbeitet. Das Tessin hat sein Legislaturprogramm 2019-23 auf der Basis der UN-Agenda 2030 strukturiert. Schliesslich hat der Bundesrat am 4. November 2020 mit etlicher Verspätung die bundesweite Strategie Nachhaltige Entwicklung in die Vernehmlassung geschickt. Die Stadt Yverdon-les-Bains ist Vorreiterin: Sie ist die erste Schweizer Stadt, die sich eine städtische Agenda 2030 gegeben hat.

Ein verbindlicher Rechtsrahmen für die Nachhaltigkeit

Nachdem im August 2017 ein Postulat zur nachhaltigen Entwicklung im Grossen Rat des Kantons Waadt eingereicht wurde, entschied der Staatsrat überzeugt, dass die SDGs zum Herzstück des Legislaturprogramms werden müssten. Eine Motion, die einen Rechtsrahmen verlangt, um die SDGs termingerecht auf 2030 zu erreichen hat die überwältigende Mehrheit der Kommission des Grossen Rates gefunden. Die Motion inspiriert sich von der Nachhaltigkeitsgesetzgebung der Kantone Neuenburg und Genf und verlangt nach spezifischen Massnahmen und Instrumenten, um Gemeinden, Vereinigungen und Unternehmen zu mobilisieren. Die kantonale Strategie fokussiert dabei auf folgende Ziele : Gesundheitsförderung und Prävention, Bildung und Innovation, sozialen Zusammenhalt, nachhaltiger Konsum und verantwortungsvolle Produktion, Klimawandel, Artenvielfalt, nachhaltige Finanz- und Wirtschaftssysteme, die Entwicklung des städtischen und ländlichen Raums.

Den Herausforderungen gewachsen?

Eine Gruppe waadtländischer Parlamentarier*innen verschiedener Parteien trifft sich regelmässig, um den Gang der Umsetzung in Sachen Nachhaltigkeit zu prüfen. Für Anfang 2021 vorgesehen, wird die versprochene Agenda 2030 mit Ungeduld erwartet. Insbesondere fragt man sich: wird der Grosse Rat den Mut haben, seine gesetzten Ziele und Erwartungen zu erfüllen?

 

Portrait Pierre Zwahlen
Pierre Zwahlen

Präsident Plattform Agenda 2030

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