Agrarpolitik 2030+: ein wichtiger Hebel für die Agenda 2030

16. Sep. 2025 | Gastbeitrag

Nachhaltige Ernährungssysteme sind zentral für die Umsetzung der Agenda 2030 und berühren zahlreiche SDGs. In der Schweiz wie weltweit steht die Landwirtschaft im Spannungsfeld zwischen Ernährungssicherheit, Ressourcenschonung und der Sicherung wirtschaftlich tragfähiger Modelle für Bäuerinnen und Bauern. Eine neue Studie von Biovision zeigt anhand konkreter Best-Practice-Beispiele – etwa im Linsenanbau – mögliche Lösungsansätze auf. 

Das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) diskutiert zurzeit mit einer Begleitgruppe (bestehend aus Vertreter:innen von Kantonen sowie Organisationen, die die Interessen der gesamten Wertschöpfungskette breit abdecken) die Grundlagen für die kommende Agrarpolitik ab 2030 (AP30+). Die Ausgestaltung der Landwirtschaft und unseres ganzen Ernährungssystem ist entscheidend für die Agenda 2030, da sie gleich mehrere SDGs direkt beeinflusst: die Beseitigung von Hunger und die Förderung einer gesunden Ernährung (SDG 2 und SDG 3), den Klima- und Biodiversitätsschutz (SDG 13 und SDG 15) sowie nachhaltige Konsum- und Produktionsmuster (SDG 12). Biovision wirkt via Agrarallianz auf die Arbeit der Begleitgruppe ein und hat u.a. die Studie «Förderung agrarökologischer Prinzipien im Schweizer Agrar- und Ernährungssystem» – veröffentlicht, die konkrete Massnahmen für eine nachhaltigere Landwirtschaft identifiziert.

Biovision unterstützt die überarbeitete und neue Lebensmittelpyramide des Bundes, die stärker auf Nachhaltigkeit und die pflanzenbasierte Ernährung setzt. Empfohlen wird unter anderem ein stärkerer Einsatz von Hülsenfrüchten, wie zum Beispiel Linsen, als Eiweissquelle. Ein Betrieb, der im Rahmen der Studie befragt wurde, ist der Hof Rinderbrunnen in Grüt bei Gossau ZH, der die Linsenproduktion ausbaut. Diese Ackerkultur gewinnt nicht nur aus gesundheitlichen und klimatischen Gründen an Bedeutung, sondern trägt auch zur Diversifizierung kleiner Betriebe bei, was deren wirtschaftlichen Erfolg erhöht. Die Verarbeitung ist bisher jedoch nur wenigen Einzelinitiativen überlassen und wird vom Bund noch wenig unterstützt.

Zudem braucht es auch für die Schweiz passende Sorten. Auf dem Rinderbrunnen führt deshalb das Projekt integraL («Interdisciplinary Research on Grain Legumes») Untersuchungen durch. Bei intergraL geht es um die Etablierung von Hülsenfrüchten in der Schweiz durch das Experimentieren mit neuen Methoden in der Züchtung, dem Anbau und der Verarbeitung. Zusätzlich untersucht integraL die historischen Ursachen für die Verdrängung der Hülsenfrüchte von den Schweizer Feldern und Tellern.

Um die agrarökologischen Prinzipien im Agrar- und Ernährungssystem voranzubringen, definiert die Studie von Biovision fünf prioritäre Handlungsfelder:

  1. Sensibilisierung für nachhaltigen Konsum, Ernährungssysteme und Ökosystemdienstleistungen
  2. Aus- und Weiterbildung in der Landwirtschaft
  3. Förderung einer standortangepassten und vielfältigen Landwirtschaft
  4. Umgestaltung des aktuellen Fördersystems in der Landwirtschaft
  5. Lenkung des Handels und Konsums

«Das Direktzahlungssystem muss Diversität und neue Organisationsformen wie die Betriebsführung durch ein ganzes Team, stärker fördern», fordert Anders Gautschi, Geschäftsführer von Biovision. «Nachhaltigkeit und Agrarökologie müssen zudem fester Bestandteil der landwirtschaftlichen Ausbildung werden.» Doch auch Handel und Konsum seien gefordert: Nachhaltig produzierte Lebensmittel müssen besser verfügbar und für alle erschwinglich sein. Dafür braucht es Kostenwahrheit – Gesundheits- und Klimafolgekosten müssen in die Preise integriert werden.

«Die aktuellen Rahmenbedingungen bilden keine förderliche Basis für ein nachhaltiges Ernährungssystem», warnt Maya Graf, Ständerätin, Bäuerin und Stiftungsrätin von Biovision: «Es braucht dringend einen Wandel: Wir müssen unsere Ernährung vom Feld bis zum Teller neu denken.» Der Bund müsse landwirtschaftliche Betriebe mit ökologischen und wirtschaftlich tragfähigen Ansätzen besser fördern.

Ein zukunftsfähiges Ernährungssystem ist weit mehr als eine agrarpolitische Frage – es ist ein zentrales Element der Agenda 2030. Die Transformation hin zu nachhaltigen Landwirtschafts- und Ernährungssystemen trägt wesentlich zur Erreichung mehrerer SDGs bei und verbindet ökologische, soziale und wirtschaftliche Anliegen. Damit die Schweiz ihrer Verantwortung gerecht wird, braucht es kohärente Rahmenbedingungen, die Innovation und Vielfalt fördern, Handel und Konsum einbeziehen und agrarökologisch ausgerichtete bäuerliche Betriebe stärken. Der zukunftsfähige Wandel ist möglich – Politik, Wirtschaft und Gesellschaft müssen dafür gemeinsam und entschlossen handeln.

Biovision leistet seit mehreren Jahren wichtige Arbeit für ein nachhaltiges Ernährungssystem in der Schweiz, etwa im Rahmen des Projektes Ernährungszukunft Schweiz. Dazu hatte 2022 ein nationaler Bürger:innenrat konkrete Empfehlungen erarbeitet und ein wissenschaftliches Expertengremium Lösungsvorschläge präsentiert.

Foto: Biovision

Portrait von Daniel Seiffert
Daniel Seiffert

Biovision

Portrait Rianne Roshier
Rianne Roshier

Plattform Agenda 2030

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Studie von Biovision

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